An den
Vorsitzenden Richter am Landgericht München II
Herrn Richter Ralph Alt
Nymphenburger Straße 16
80097 München
Deutschland

Von
S.I. Goedel
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Niederlande

Strafverfahren gegen:     Iwan (John) Demjanjuk
Wegen:     Beihilfe zum Mord
Aktenzeichen:     115 Js 12496/08
********** NL,      01. März 2011

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,

ich, Sally Israël Goedel, geboren am 8. Oktober 1938 in Amsterdam, mache als Nebenkläger von dem Recht Gebrauch, mein eigenes Plädoyer zu halten gegen den

Angeklagten Iwan (John) Demjanjuk.

Meine beiden Eltern     Salomon Goedel, geboren am 07. März 1910 in Amsterdam
und     Eva Goedel-Roodveldt, geboren am 17. April 1910 in Amsterdam,
wurden am     28. Mai 1943 in Sobibor vergast.

Aus dem Archiv des Niederländischen Roten Kreuzes in Den Haag und aus den Transportlisten in Westerbork hat sich ergeben, dass unumstößlich feststeht, dass meine beiden Eltern am 25. Mai 1943 und
auch meine Großeltern väterlicherseits     Israël Goedel und
Sara Goedel-Croese sowie
meine Großmutter mütterlicherseits     Judith Roodveldt-Kokernoot,
meine Tanten     Rachel Goedel,
Betje Goedel
und mein Onkel     Meijer Goedel
und weiter noch mehr als 30 andere Verwandte von Westerbork in den Niederlanden nach Sobibor in Polen deportiert worden sind.
Am 28. Mai 1943 sind meine beiden Eltern sofort nach Ankunft und später auch die anderen Verwandten, die ich oben genannt habe, im Vernichtungslager Sobibor vergast worden!

Für mich steht fest, dass Iwan (John) Demjanjuk als Wachmann vom
28. März bis 1. Oktober 1943
in Sobibor gewesen ist. Er hatte als Trawniki-Wachmann u.a. die Aufgabe, mitzuhelfen, die gerade angekommenen Juden sofort in die Gaskammern zu schicken.

Er hat dort als Wachmann gearbeitet, als meine beiden Eltern, Großeltern und später auch meine anderen Verwandten aus dem Zug geholt wurden….
Ich halte deshalb Iwan (John) Demjanjuk, unter Berücksichtigung des beigebrachten Beweismaterials, für mitschuldig am Mord an meinem Vater, meiner Mutter, meinen Großeltern väterlicherseits, meiner Großmutter mütterlicherseits und an weiteren Verwandten.

Er hat mitgeholfen, meinem Vater, meiner Mutter, meinen Großeltern und den anderen Verwandten das Schlimmste anzutun, was ein Mensch einem anderen Menschen antun kann: Er hat ihr Leben vernichtet.

Diese Verbrechen haben mich im Alter von 4 Jahren zum Waisen gemacht (ja, noch mehr als zu einem Waisenkind, aber wie nennt man ein Kind, dessen Familie ermordet wurde?).
Die verschiedenen Namen, die ich im und nach dem Krieg annehmen musste, haben mich in eine Identitätskrise geführt. Wer war ich???  Die Balance war weg!!
Ich bin damals fürs Leben gezeichnet worden, mir angetan von rücksichtslosen Mördern. Diese bleibende Wunde werde ich mit ins Grab nehmen.

Ich bitte um Gerechtigkeit und überlasse es dem Gericht, das Strafmaß für Demjanjuk festzulegen.

Gezeichnet:

S.I. Goedel