In diesem Pressefaltblatt finden Sie Informationen über den Demjanjuk-Prozess.
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Mitteilungen und Fakten zum Verfahren gegen John Demjanjuk vor dem LG München
Die Anwälte der Nebenkläger schreiben ein Weblog aller Erfahrungen: www.nebenklage-sobibor.de

Inhaltsverzeichnis

Niederländische Nebenkläger beim Demjanjuk-Prozess in München
Porträts der niederländischen Nebenkläger
Portraits of the Nebenkläger from the USA (in English)
Vernichtungslager Sobibor
Zahlen
Trawniki
Periode Demjanjuk
Kindertransporte
Aufstand (einschliesslich Bilder und Namen von Überlebenden die nach München fahren)
Transportlisten
Geschichte nach 1945
Gedenkallee
Neueinrichtung /Vierländerberatung
Stichting/Stiftung Sobibor

Niederländische Nebenkläger beim Demjanjuk-Prozess in München

Die 14 Hollandische ‘Nebenkläger’

Nebenkläger im Prozess gegen John (Iwan) Demjanjuk sind Menschen, deren Verwandte im ersten Grad (Eltern, Geschwister, Ehegatten) in Sobibor zwischen dem 28. März und dem 1. Oktober 1943 ermordet sind, das heißt in der Periode, in der Demjanjuk als Wachmann, der in Trawniki ausgebildet worden war, im Vernichtungslager arbeitete.

Ein Teil der Nebenkläger wurde von der deutschen Justiz darum gebeten, Andere haben sich spontan gemeldet.

Im juristischen Sinne kann nur einer Nebenkläger werden, der Verwandter ersten Grades eines Opfers ist. Moralisch betrachtet sprechen die niederländischen Nebenkläger auch im Namen aller, die in der Periode in der Demjanjuk in Sobibor war, ermordet wurden. Im Falle der Kindertransporte aus Vught etwa, bei denen auch vollständige Familien deportiert worden sind, von den kein Einziger überlebt hat.

Über 170.000 Juden sind in Sobibor ermordet worden. Aus den Niederlanden wurden 34.313 Juden nach Sobibor deportiert, von denen ungefähr 33.000 dort in den Gaskammern umgebracht wurden. Ihre Namen sind bekannt, weil die sogenannten Transportlisten, auf denen sie erwähnt wurden, erhalten sind.

Es konnte eine Gruppe von 23 niederländischen Nebenklägern gebildet werden, weil es die Namen der Transportlisten gibt. Es wird auf jeden Fall ein Nebenkläger aus Deutschland kommen, aus Polen werden mindestens zwei da sein.

Im Moment ist noch nicht bekannt, ob auch jemand wird sprechen können für die mehr als 130.000 Juden aus Polen, der ehemaligen Sowjetunion, Frankreich, Österreich, Tschechien, der Slowakei und dem ehemaligen Jugoslawien, die in Sobibor namenlos ermordet wurden.

Die niederländischen Nebenkläger sprechen für ihre ermordeten Verwandten, sie sind aber auch die symbolischen Vertreter all derjenigen, die in Sobibor vergast wurden.

Porträts der niederländischen Nebenkläger

Kein Tag vergeht, an dem ich nicht an die Schoah denke

Die meisten niederländischen Nebenkläger ziehen nach München, um ihre in Sobibor ermordeten Eltern zu vertreten. Es sind jedoch auch Nebenkläger da, die sowohl ihre Eltern, als auch ein Geschwister in Sobibor verloren haben. Es gibt einen Nebenkläger, dessen junge Frau im Vernichtungslager umgebracht worden ist. Einige unter den Nebenklägern haben nicht nur ihre Verwandten verloren, sie waren auch selber in einem Konzentrationslager, oder gar in mehreren.

Rob Cohen (83) war Kriegsende neunzehn Jahre alt und verbrachte über zwei Jahre in Konzentrations- und Vernichtungslagern, unter denen Auschwitz-Birkenau: “Ich habe gesehen, wie unbarmherzig die Mordmaschine der Nazis funktionierte. Das übersteigt jegliche menschliche Vorstellungskraft und jeder, der an diesen Massakern beteiligt war, sollte eine angemessene Strafe bekommen. Sollte ein deutsches Gericht eine solche Strafe über Demjanjuk verhängen, hätte Deutschland damit seine Rechtsstaatlichkeit bewiesen. Dass so viele Kriegsverbrecher ihrer Strafe entgehen konnten, werde ich mein Leben lang nicht hinnehmen können.?

Vera de Jong-Simons (69) sieht sich gegenüber ihren umgebrachten Eltern und Verwandten in der Pflicht, jetzt, wo noch ein Täter vors Gericht kommt, anwesend zu sein. Sie legt großen Wert darauf, dass möglichst viele Nebenkläger dem Prozess beiwohnen, damit der Prozess einer breiten Öffentlichkeit bekannt wird. Für sie persönlich spielt eine Rolle, “dass mir mein ganzes Leben lang meine Eltern fehlten. Ein in jeder Hinsicht sehr folgenreiches Fehlen. Und auch die Tatsache, dass ich mir davon bewusst war, dass meine Eltern, meine Großeltern und meine Tante auf eine so unmenschliche Weise umgebracht worden sind.?

Rudie Cortissos (70) zieht als Nebenkläger nach München, damit er ein kleines bisschen Genugtuung empfindet. Auch meint er, die Welt sollte wissen, dass die Kinder der Ermordeten sich tagtäglich damit auseinanderzusetzen haben. “Ja, damit ich mich selber damit konfrontiere, deshalb gehe ich hin. Ob das ohne Tränen abläuft, ist fraglich. Aber auch große Jungs dürfen ja weinen.? Lees verder »

Hintergrundinformationen

Vernichtungslager Sobibor

Die Rampe in Sobibor; Bild Sonja ter Laag

Das Lager befand sich im Generalgouvernement in Ost-Polen an der Eisenbahnlinie Chelm-Wlodawa, in etwa sechs Kilometer Entfernung vom Dorf Sobibor. Es lag schräg gegenüber vom existierenden kleinen Bahnhof. Damit der normale Personen- und Güterverkehr nicht behindert wurde im Falle von großen Transporten, ist das Gleis ausgebaut worden: von einem Gleis auf drei Gleise, so dass maximal fünfzig Güterwaggons aufgenommen werden konnten. Ein viertes Gleis wurde vom westlichsten Gleis abgezweigt ins Lager hinein, hinter die doppelte Umzäunung.

Der daneben gelegene Wall, die Rampe, hatte eine Länge von 120 Meter und konnte somit maximal elf Waggons und eine Lokomotive fassen.

Das Lager lag in einem dünn besiedelten Moorgebiet, nahe zur Grenze mit der besetzten Sowjetunion, dem Reichskommissariat Ukraine. Es gehörte mit Belzec, Treblinka und zum Teil auch mit Lublin/Majdanek zu den vier Vernichtungslagern, die die SS im Rahmen der sogenannten Aktion Reinhardt zur Durchführung der Endlösung der Judenfrage baute. Außer diesen vier Lagern funktionierten in Polen in der Umgebung von Lodz als ein Ort der Vernichtung auch Chelmno und nicht zuletzt auch Auschwitz-Birkenau. Dieses Lager war sowohl Konzentrationslager als auch Vernichtungslager.

Für die Geschichte von Sobibor siehe www.sobibor.wpprovider.nl

Zahlen

In Sobibor wurden innerhalb von achtzehn Monaten mindestens 170.000 Juden vergast, von ihnen ungefähr 33.000 aus den Niederlanden. Im Zeitabschnitt von März bis zum Juli 1943 kamen wöchentlich Transporte aus Westerbork nach Sobibor. Ungefähr 1000 Menschen wurden selektiert zum Arbeiten. Unter ihnen einer der Nebenkläger, Jules Schelvis.

Trawniki

(siehe www.CHGS.nl)

Periode Demjanjuk

Demjanjuk hielt sich als in Trawniki ausgebildeter Wachmann vom 26. März 1943 bis zum 1. Oktober 1943 im Vernichtungslager Sobibor auf.

In dieser Zeitspanne sind 27.900 Juden aus den Niederlanden ermordet worden, unter ihnen 1269 Kinder der Kindertransporte aus Vught.

Kindertransporte

Am 6. und 7. Juni 1943 fuhren zwei Züge mit jüdischen Kindern aus dem Lager Vught (Konzentrationslager Herzogenbusch) ab. Alle Kinder unter sechzehn sollten das Lager verlassen, ihre Mütter sollten mit ihnen gehen. Ihnen wurde gesagt, sie würden in ein Speziallager für Kinder in der Nähe fahren. In Wirklichkeit aber fuhren die Züge zum Durchgangslager Westerbork und von dort nach Sobibor. 1269 jüdische Kinder wurden dort nahezu sofort nach ihrer Ankunft durch Vergasung ums Leben gebracht.

Aufstand (einschliesslich Bilder und Namen von Überlebenden die nach München fahren)

Petsjerski

Am 14. Oktober 1943 entfachten die “Arbeitsjuden? im Lager einen Aufstand. Sie waren diejenigen, die im Lager den Alltag organisieren sollten. Unter der Anführung eines russisch-jüdischen Kriegsgefangenen, Alexander Petscherski, konnten über 300 der 650 Häftlinge ausbrechen. Nach dem Aufstand wurde das Lager sofort aufgelöst und mit dem Erdboden gleichgemacht, nachdem alle Häftlinge, die sich noch im Lager befanden, umgebracht worden waren. Auf dem Gelände wurden Bäume gepflanzt in der Absicht, die begangenen Verbrechen der Nachwelt für immer und ewig verbergen zu können.

47 Entkommene überlebten, sie konnten nach dem Krieg den in Sobibor begangenen Massenmord bezeugen. Unter ihnen sind zwei Nebenkläger, Thomas Blatt und Philip Bialowitz, die im Münchner Demjanjuk-Prozess auch als Zeugen auftreten werden.

Transportlisten

Im Durchgangslager Westerbork wurden zu verschiedenen Zwecken Transportlisten aufgestellt. Die Mehrzahl der erhaltenen Listen enthalten Familiennamen und Vornamen der deportierten Personen – nahezu in alphabetischer Reihenfolge – mit ihrem Geburtsort. Die Listen wurden dem Transportführer des jeweiligen Transports mitgegeben, dieser hatte sie am Bestimmungsort – 19 Deportationszüge fuhren von Westerbork nach Sobibor – dem Kommandanten auszuhändigen.

Geschichte nach 1945

Thomas Blatt

Bis Anfang der sechziger Jahre gab es kaum Interesse für das, was in Sobibor geschehen ist. Fast wäre ‘Sobibor’ in Vergessenheit geraten. Im Laufe der Jahre hatte der Ort die unterschiedlichsten Funktionen, zusammengefasst in der Reihe: Sobibor, Vernichtungslager – Fußballplatz- Trauungsort- Monument. (Frank van der Elst “Sobibor, de naoorlogse geschiedenis van een kampterrein; voetbalveld, trouwlocatie, monument? [Sobibor, die Nachkriegsgeschichte eines Lagergeländes; Fußballplatz – Trauungsort- Monument]) siehe www.stichtingsobibor.nl

Gedenkallee

die Gedenkallee

Das ehemalige Lagergelände erinnert in keiner Hinsicht an den damaligen Ort. 2003 wurde begonnen mit einer Gedenkallee, an der immergrüne Bäume gepflanzt wurden. Es liegen dort Natursteine auf die Namen und Daten für in Sobibor ermordete Personen geschrieben sind. Es gibt relativ viele Steine für Niederländer wegen der erhaltenen Transportlisten aus den Niederlanden. Daher sind auch die Namen der in Sobibor ermordeten Niederländer bekannt im Gegensatz zu den 135.000 Ermordeten aus anderen Ländern.

Die Gedenkallee wurde aufgrund der damals bekannten Daten möglichst genau dort angelegt, wo der ehemalige Schlauch oder auch die Himmelfahrtstrasse war, der Weg den die Juden gehen sollten vom Auskleideraum zu den Gaskammern.

Jetzt soll gegebenenfalls aufgrund aktueller Untersuchungen das Gelände neu eingerichtet werden. Die niederländische Regierung vertritt hier den Standpunkt der Stichting/Stiftung Sobibor: die Steine, die an der Gedenkallee gelegt worden sind, werden bei einer eventuellen Neueinrichtung des Geländes an einer respektvollen und würdigen Stelle erhalten bleiben.

Neueinrichtung /Vierländerberatung

Inzwischen gibt es ein Vierländergremium, in dem auch die Niederlande vertreten sind, das über eine Neueinrichtung des ehemaligen Lagergeländes berät.

Das ehemalige Vernichtungslager Sobibor wird mit finanzieller Unterstützung Polens, Israels, der Slowakei und der Niederlande neu eingerichtet werden. Die Neueinrichtung beinhaltet unter anderem die Markierung der Aschenfelder, auch wird es eine Gedenkstätte und ein Visitor Center geben.

Geplant ist, dass die Neueinrichtung 2013 abgeschlossen wird und Sobibor damit den Status eines staatlichen Museums erhält. Die Niederlande legen großen Wert darauf, dass im Falle einer eventuell notwendigen Neueinrichtung die schon gelegten Steine an einer respektvollen und würdigen Stelle erhalten bleiben. Ein Visitor Center am Ort des ehemaligen Vernichtungslagers wird einen großen Nutzen haben für die Bildungsarbeit.

Stichting/Stiftung Sobibor

Jules Schelvis, der als einziger den Transport aus dem Durchgangslager Westerbork vom 1. Juni 1943 überlebte, gründete 1999 die Stiftung/Stichtung Sobibor. In 2011 hat er sich zurück gezogen wie Berater des Stiftungsvorstands, der ausschließlich ehrenamtliche Mitglieder hat und von einer zunehmenden Gruppe von Begünstigern unterstützt wird. Das Ziel der Stiftung ist, sich dafür einzusetzen, dass die Erinnerung an dieses Vernichtungslager erhalten bleibt, ein Lager, in dem mehr als 33.000 Juden aus den Niederlanden durch Vergasung ermordet worden sind.

Die Vorträge, die Jules Schelvis in den Niederlanden und in Deutschland hält, gehören zum Kern des Programms. Auch bietet die Stiftung Vorträge über den Aufstand in Sobibor an. Wir stellen Ausstellungen zusammen, geben Bücher heraus und organisieren Gedenkfeiern und Erinnerungsreisen. In Zusammenarbeit mit dem Bildungswerk Stanislaw Hantz (BSH) aus Kassel und Studnia Pamieci aus Lublin (Polen) machen wir Studienreisen zu den ehemaligen Lagern der Aktion Reinhardt in Ost-Polen.

Wir legen immer mehr Wert auf die Bildungsarbeit. Zur Herstellung einer DVD über die jüdischen Kinder im Lager Vught (KZ Herzogenbusch) konnten wir beitragen. Diese DVD führt heutigen Jugendlichen die Praxis von Intoleranz, Diskriminierung und Verfolgung vor über 60 Jahren hautnah vor. Das geschieht am Beispiel der Geschichte der jüdischen Kinder der sogenannten Kindertransporte, die in Sobibor ermordet wurden.

Polnische Schüler während einer Gedenkveranstaltung

Dass die Bildungsarbeit für uns ständig an Bedeutung gewinnt, zeigt sich auch an der wachsenden Teilnehmerzahl unserer Studien- und Gedenkreisen. Immer mehr arbeiten wir mit polnischen Lehrern, Studenten und Schülern zusammen. Dank der Aktivitäten mit polnischen Jugendlichen in Sobibor intensivierte sich die Bedeutung der Geschichte des ehemaligen Lagergeländes. Die offizielle und die freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Provinz Lubelski in Polen und dem niederländischen Gelderland hat dazu beigetragen, dass es heute aktuelle Studien- und Unterrichtsmaterialien gibt sowohl für die Grundschule als auch für den weiterführenden Unterricht.